Fachworkshop "Bürgerräte in Ost und West"

25. Juni 2022

Der inhaltliche Austausch zum Beteiligungsprojekt “Gemeinsam Zukunft aufsuchen - Brandis und Tengen gehen LOS” hat im Rahmen eines Fachworkshops am 21. Juni in der BMW Foundation Berlin stattgefunden. Ziel des Formats war es, den Prozess und wichtige Erkenntnisse daraus einem interessierten Fachpublikum aus Verwaltung, Wissenschaft und Beteiligungsszene vorzustellen, gemeinsam zu diskutieren und politische Forderungen in Bezug auf die Zukunft losbasierter Bürger:innenbeteiligung zu entwickeln.

Projektleiterin Leonie Disselkamp von Es geht LOS gab zunächst einen Überblick über die einzelnen Prozessschritte. Anschließend führte Julian Bleh von e-fect durch die zentralen Ergebnisse der externen Evaluation.

Der zweite Teil des Fachworkshops bot den Teilnehmenden die Möglichkeit, entlang bewusst provokant formulierter Thesen die Zukunft innovativer Bürger:innenbeteiligung zu diskutieren. In diesem intensiven Austausch wurden sowohl die Rahmenbedingungen adressiert, in denen sich Beteiligung vollzieht, als auch die konkrete Ausgestaltung der Formate selbst diskutiert. Ergebnis dieses Austausches sind die folgenden (reformulierten) Forderungen als Diskussionsgrundlage (!) für unsere Arbeit:

Jede:r sollte jemanden kennen, der:die an einem losbasierten und gut moderierten Verfahren teilgenommen hat.

Hintergrund: Bürgerräte stärken das politische Wirksamkeitserleben und sorgen damit für eine konstruktive Politisierung. Damit die Gesellschaft als Ganzes davon profitiert, sind eine erhöhte Sichtbarkeit der Verfahren und Teilnehmende, die begeistert von ihren Erfahrungen berichten, entscheidend.

Das Verteidigungsbudget für die Demokratie: Wir brauchen einen Mindestetat (2% des Haushalts) für eine Beteiligungsinfrastruktur auf allen staatlichen Ebenen.

Hintergrund: Langfristige Beteiligung auf kommunaler Ebene ist möglich, wenn die entsprechenden Ressourcen bereitgestellt werden. Beteiligung darf jedoch nicht vom Budget der Kommune abhängen.

Geloste Bürgerräte müssen in Ost und West gleichermaßen gefördert werden, mit besonderem Augenmerk auf partizipationsarme und strukturschwache Regionen.

Hintergrund: Das Aufsuchende Losverfahren funktioniert überall ungefähr gleich gut, kann jedoch in partizipationsarmen Gebieten (niedrige Wahlbeteiligung, geringe politische Aktivität, geringes Vertrauen in und geringe Zufriedenheit mit dem politischem System) besonders große Wirkung zur Stärkung der Demokratie entfalten.

Am Ende steht der Bürgerrat - Online-Beteiligungen und offene Veranstaltungen dienen der Vorbereitung.

Hintergrund: Während offene Formate wichtig sind, um alle Interessierten in Bürger:innenbeteiligungs-Prozesse einzubeziehen und niemanden auszuschließen, stellen das Aufsuchende Losverfahren und das Bürgerrats-Format sicher, dass eine diverse Gruppe von Menschen zusammenkommt, die Erfahrung des wertschätzenden Dialogs sowie der informierten Entscheidungsfindung macht und dadurch zu Ergebnissen kommt, die am Allgemeinwohl orientiert sind.

Bürgerräte brauchen Qualitätsstandards, keine Standardisierung.

Hintergrund: Gute Prozesse entstehen durch zwischenmenschliche Interaktionen und angepasste Moderationsformen. Eine Standardisierung von Bürgerräten würde diese in Gefahr bringen. Es braucht jedoch Mindeststandards zur Qualitätssicherung, sowie Prozessbegleitung und Kompetenzaufbau in Kommunen.

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